KMU/SMB Lösungen

KMU / SMB Lösungen (Teil1)

zwischen SOHO und Enterprise

Zu den am meisten strapazierten Begriffen im Bereich von IT-Lösungen gehört wohl die Abkürzung KMU für kleine und mittlere Unternehmen mit der zugehörige englische Entsprechung SMB für ´Small and Medium Business´ bzw. die etwas weniger gebräuchliche Variante SME für ´Small and Medium Enterprises´.

Dieser Umstand ist grundsätzlich leicht erklärbar, wenn man weiß, dass die absoluter Mehrzahl der Betriebe in allen 28 Mitgliedsstaaten der europäischen KMU-Definition entsprechen.

Obwohl diese Kennzahlen sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene gut dokumentiert sind, finden sie eine eher geringe mediale Aufmerksamkeit, was dazu führt, dass der Anteil an großen Unternehmen auch von Personen, die sich selbst als ´gut informiert´ einstufen, meistens grob überschätzt wird.

EU-weit gibt es 99,80% KMU´s und lediglich 0,20% Großbetriebe

Hätten Sie das gewusst ?

Um einem ´JA, aber .. ´ vorzubeugen, füge ich auch die Zahlen für Österreich und Deutschland bei.

KMU-Definition der EU
KMU Anteil in der EU
KMU Anteil in Österreich

KMU/SMB Lösungen - passt im Zweifesfall immer

Mit der Bezeichnung ´KMU´ kann man also im Produktmarketing grundsätzlich einmal nichts falsch machen, da dieser Begriff für mehr als 99% des Marktes passt. Entsprechend groß ist daher auch die finanzielle Bandbreite, ob 5.000, 15.000, 40.000 oder doch gleich 6-stellig, egal alle diese Angebote können ja trotzdem noch irgendwie als KMU/SMB Lösung ´durchgehen´.

Es ist wohl ein gewisses Novum, dass es eine Branche mit ca. 3 Billionen Euro Jahresumsatz bis heute geschafft hat, mit lediglich drei großen Produktkategorien auszukommen. Diese Umsatzprognose stammt übrigens vom Marktforschungsinstitut Gartner und war die Voraussage für die betriebliche IT-Ausgaben im Jahr 2018.

Wie kreativ erscheint im Gegensatz dazu beispielsweise die Automobilindustrie, die es immer wieder schafft, neue Kategorien zu etablieren und damit jedem Kaufinteressenten bereits eine gewisse Vorstellung zum Preis- und Leistungsumfang vermittelt. Denken Sie dabei beispielsweise nur an Begriffe wie City-Flitzer, Kompaktklasse, VAN, Mini-VAN, Limousine, Touring, GTI, SUV, usw.

Warum jeder Versuch, im IT-Markt, ähnlich einfache Orientierungshilfen anzubieten zwangsweise scheitern muss (musste) lässt sich an zwei einfachen Merkmalen festmachen

  1. die universelle Einsatzmöglichkeit
  2. dem noch nie zuvor da gewesenen Entwicklungstempo

Ersteres erscheint den meisten heute bereits als zu selbstverständlich, um es überhaupt noch für erwähnenswert zu halten. Tatsächlich gab es jedoch in den ´Kindertagen´ der PC-Ära, Systeme für lediglich einen einzelnen, klar spezifizierten Einsatzbereich.

Bekanntestes Beispiel dazu ist sicher der erste Apple Macintosh, als Textverarbeitungscomputer. Für mehr war dieses System nicht zu gebrauchen bzw. fähig. Aufgaben- und Anwendungsbereiche bestimmen natürlich nach wie vor  den Einsatz von Computern, es wäre allerdings unvorstellbar, wenn dafür jeweils spezielle Geräte (Hardware) erforderlich wären.

Das enorme Entwicklungstempo, sprich eine Industrie, die sich ständig ´selbst überholt´ hat keine Zeit sich mit Kategorien und Differenzierungsmerkmalen aufzuhalten, wie es beispielsweise in der Automobilindustrie in den letzten 130 Jahren möglich war.  Dazu ein Schnelldurchlauf der Marktentwicklung seit den frühen 1980er Jahren.

SOHO, SMB, Enterprise - Marktentwicklung seit 1980 im Schnelldurchlauf

SOHO - Small Office/Home Office
SOHO war als Begriff in den 1980er Jahren sicher noch nicht in Verwendung, allerdings gab es schon ´Heimcomputer´. Commodore, Atari und Amiga waren die bekanntesten Produkte in dieser Kategorie. Da die ersten Personalcomputer (PC) ziemlich teuer waren, gab es damals eine noch recht klare Abgrenzung zwischen Privatbereich und betrieblichen bzw. beruflichen Einsatz. Zum Leidwesen vieler Arbeitnehmer ist diese Abgrenzung in einige Branchen zunehmend im Verschwinden. Ebenso diffus verläuft auch die Differenzierung zwischen SOHO und SMB Markt, da in beiden Kategorien gleiche oder sehr ähnliche Geräte zum Einsatz kommen.

SMB/SME - Small and Medium Business/Small and Medium Enterprises (KMU)
In den frühen 1980er Jahren klaffte zwischen Heimcomputer und Großrechner eine nahezu unbesetzte Lücke, wenn man von wenigen Ausnahmen wie z.B. Fakturierautomaten absieht. Eine elektronische Datenverarbeitung (EDV) für kleinere Unternehmen wurde daher erst mit der Einführung der ersten Personalcomputer möglich. Der gesamte Markt, sprich verfügbare Geräte und dafür verfügbare Software blieben noch bis ca. 1990 recht überschaubar. Die Entwicklung danach ist hinlänglich bekannt, das Produktangebot und die Anzahl der Hersteller stieg innerhalb weniger Jahre von einigen hundert auf zigtausend. Eine Entwicklung, die mit Einzelplatz-Systemen begonnen hatte, war sprichwörtlich erwachsen geworden und eroberte mit Servern und Computernetzwerken ab 2000 nach und nach auch den sogenannten Mittelstandsbereich. Zu welchen Zeitpunkt die IT-Branche begann den SMB/KMU Begriff zu okkupieren, um Geräte bzw. Lösungen gegenüber dem Großrechner Bereich abzugrenzen, ist heute nur mehr schwer festzumachen.

Während vor 10 bis 15 Jahren diese Klassifizierung noch ein preisliches UND technisches Unterscheidungsmerkmal darstellte, wird es heute immer schwieriger sogenannte Enterprise Lösungen technisch klar abzugrenzen.

Enterprise - Großunternehmen (=Großrechner / ≠Großrechner)
Wie bereits erwähnt, war die Rollenverteilung am Markt in den frühen 1980er Jahren noch ziemlich klar. ´Richtige EDV´ also Enterprise-Lösungen waren Großrechner (Mainframes) und aufgrund des Preises natürlich nur Großunternehmen, Behörden und einigen wenigen Forschungseinrichtungen vorbehalten. Aufgrund der geringen medialen Präsenz, entstand vielleicht der Eindruck, dass Mainframes mittlerweile vom Markt verschwunden sind. Was allerdings nicht richtig ist, vielmehr könnte man sagen,  dass der Mainframe sogar ´fröhliche Urstände feiert´. Obwohl in verschiedenen Bereichen Marktanteile verloren wurden und ebenso die Anzahl der Hersteller zurückgegangen ist, haben beispielsweise noch immer 92 der 100 größten Banken Mainframes im Einsatz (Quelle: Mainframe Blog von Syncsort).

Wie jedoch bereits in der Überschrift angedeutet sind Großrechner heute keine Notwendigkeit mehr für Enterprise-Lösungen, sondern technisch gesehen, viel näher an der SMB Technologie als viele vielleicht vermuten.

Tatsächlich befinden wir uns aber nach wie vor in der ´x86-Ära´, die mit der Einführung des ersten PCs, mit einem Intel 8086 Prozessor, vor knapp 40 Jahren ihren Ausgang genommen hat. Einzig und alleine Quantencomputer, die sich derzeit noch in einem sehr frühen Stadium der Marktreife befinden, haben das Potential Vertreter eine neuen, ganz eigenen Systemkategorie zu werden, die sich ähnlich wie Mainframes sowohl technisch und natürlich auch preislich ganz klar vom übrigen Markt abgrenzen würden.

Mit den technischen Aspekten und Software als ´Brandbeschleuniger´ der Entwicklung, werde ich mich in
"KMU / SMB Lösungen (Teil 2)"
befassen.

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